Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die lineare Wirtschaft sich positiv auf unser Leben ausgewirkt hat. Das mit ihr verknüpfte Wachstum ist beispielsweise ein wichtiger Faktor bei der Verbesserung des Human Development Index im Zeitablauf. Der Human Development Index (HDI) wurde erstmals im Jahr 1990 als United Nations Development Programme eingeführt, um die menschliche Entwicklung in verschiedenen Ländern zu messen und zu vergleichen. Der HDI basiert auf drei wichtigen Indikatoren: der durchschnittlichen Lebenserwartung bei der Geburt, der durchschnittlichen Bildung (gemessen an der Alphabetisierungsrate und der Schulbesuchsdauer) und dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen. Seit seiner Einführung hat sich der HDI weltweit im Durchschnitt stetig verbessert. Zwischen 1990 und 2021 stieg der globale HDI-Wert von 0,598 auf 0,732, was einer Verbesserung von 23% entspricht (United Nations, 2023).
Trotz der positiven Errungenschaften hat die lineare Wirtschaft ihre Schattenseiten
Das lineare Vorgehen hat seinen Preis – insbesondere in Hinblick auf Umwelt und Klima – wie nachfolgende Charakteristika zeigen:
- Rohstoffabhängigkeit: Die lineare Wirtschaft erfordert einen stetigen Nachschub an Ressourcen. Sie basiert auf einem ständigen Zugang zu und Abbau von Rohstoffen. Die führt langfristig zu
- Übernutzung von Ressourcen: Da das System auf einem ständigen Zugang zu Rohstoffen beruht, kann es zu einer Übernutzung von natürlichen Ressourcen und zu einer schnellen Erschöpfung derselben kommen. Die natürlichen Ressourcen sind endlich.
- Umweltverschmutzung: Allein der Abbau von Rohstoffen kann zu Umweltverschmutzung und Schäden an Natur und Landschaft führen.
- Konflikte um Rohstoffe: Die Abhängigkeit von bestimmten Rohstoffen kann zu politischen und wirtschaftlichen Konflikten führen, insbesondere in Ländern, in denen diese Ressourcen knapp sind.
- Abhängigkeit von Ländern: Eine Abhängigkeit von einigen wenigen Ländern als Rohstofflieferanten kann politische und wirtschaftliche Risiken mit sich bringen.
- Einmalige Nutzung: Produkte werden nur für eine begrenzte Zeit genutzt und anschließend als Abfall entsorgt. In Verbindung mit dem vorherrschenden Kapitalismus wird die Nutzungszeit häufig minimiert. Daraus folgt:
- Ressourcenverschwendung: Die einmalige Nutzung der Güter bedeutet, dass wertvolle Ressourcen, die in Produkten enthalten sind, verloren gehen und nicht wiederverwendet werden können.
- Überflutung des Abfallsystems: Mit der ständigen Entnahme von Rohstoffen einerseits geht auch die ständige Entsorgung von Abfällen einher. Dies führt langfristig zu einer Überlastung des Abfallsystems und einer Zunahme von Abfallbergen. Häufig zu einer nicht ordnungsgemäßen Entsorgung.
- Umweltverschmutzung: Neben der Entnahme der Rohstoffe (s.o.) können auch Produktion und Nutzung zu Emissionen führen. Diese werden an die Umwelt abgegeben und beeinflussen Umwelt und Klima negativ. Des Weiteren entstehen Stoffe, die ggf. nicht oder nur in einem sehr langen Zeitraum abgebaut werden können.
- Gesundheitsrisiken: Abfälle und Emissionen wiederum können giftige und gesundheitsschädliche Substanzen enthalten, die bei falscher Entsorgung zu Gesundheitsrisiken für die Umgebung und die Bevölkerung führen können. Dazu können zum Beispiel Luft- und Wasserverschmutzung, Bodenvergiftung und Schäden an der Gesundheit von Menschen und Tieren gehören.
- Verlust wertvoller Ressourcen: Die einmalige Nutzung bedeutet auch, dass wertvolle Ressourcen, die in Produkten enthalten sind, verloren gehen und nicht wiederverwendet werden können.
- Ressourcenverschwendung: Da die Ressourcen als einmalig verwendbar betrachtet werden, werden sie nicht effizient genutzt und oft ungenutzt weggeworfen. Die Massenproduktion führt zu einem Preisgefüge, bei der Entsorgung und Neuanschaffung günstiger erscheinen als beispielsweise eine Reparatur.
- Unnötige Produktion: Das lineare Wirtschaftssystem führt oft zu unnötiger Produktion, um die Nachfrage zu befriedigen. Dies führt zu einer übermäßigen Belastung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen. Allein in Deutschland landen beispielsweise etwa 18 Mio. Tonnen Lebensmittel pro Jahr im Müll. Davon sind 8 Mio. Tonnen derzeit nicht vermeidbar (z.B. Schnitt- und Verarbeitungsverluste). Verbleiben also noch 10 Mio. Tonnen an Lebensmitteln, die vermeidbar entsorgt werden (Noleppa & Cartsburg, 2015). Neben der ethischen Frage stellt dies stellt auch eine erhebliche Verschwendung von Energie und Ressourcen dar.